Wenn du darüber nachdenkst, dich als Softwarearchitekt:in zertifizieren zu lassen, bist du wahrscheinlich schon auf die Debatten gestoßen:
„Das ist doch nur ein Stück Papier.“
„Alles kann man auch im Job lernen.“
„Es ist teuer und nicht einmal überall anerkannt.“
Von Reddit-Threads bis hin zu Tech-Foren – die Skepsis rund um die iSAQB-Zertifizierung ist laut und oft emotional. Manche nennen sie eine „Geldfalle“. Andere sagen, sie habe ihnen endlich die Klarheit, die Sprache und die Glaubwürdigkeit gegeben, die ihnen jahrelang gefehlt haben.
Aber was sagen echte Fachleute?
Wir wollten nicht einfach nur einen weiteren Meinungsartikel zum Lärm hinzufügen. Stattdessen haben wir echte Architekt:innen von Unternehmen wie Bosch, Daimler Truck, Finnova und Inverso GmbH gebeten, die am häufigsten gestellten Fragen zur iSAQB-Zertifizierung zu beantworten – basierend darauf, wo sie gerade in ihrer Karriere stehen, was sie gelernt haben und ob sie es wieder tun würden.
Warum stellen sich viele diese Frage überhaupt?
Bevor wir zu Erfolgsgeschichten und echten Ergebnissen kommen, lohnt es sich zu fragen:
Warum steht iSAQB überhaupt in der Kritik?
Wenn du Plattformen wie Reddit oder Stack Overflow durchstöberst, dauert es nicht lange, bis du Kommentare findest, die die Zertifizierung als „Geldfalle“, „zu theoretisch“ oder „nur sinnvoll, wenn der Arbeitgeber zahlt“ bezeichnen. Diese Zweifel sind nicht neu und spiegeln eine allgemeinere Skepsis der Tech-Branche gegenüber Zertifizierungen wider.
Dieses Stimmungsbild zeigt sich in zahlreichen Online-Diskussionen, in denen Fachleute sowohl echte Kritik als auch klare Befürwortung äußern. Viele weisen darauf hin, dass das iSAQB-Foundation-Level wie eine Wiederholung akademischer Inhalte wirken kann und die Advanced-Level-Aufgabe zeitintensiv und schwer mit einer Vollzeitstelle vereinbar ist.
Empfohlene Ressource:
Alles über das iSAQB CPSA-A Zertifikat: Dein Kompletter Guide
Aber es gibt auch eine andere Seite und die stammt nicht aus anonymen Kommentaren.
Sie kommt von Fachleuten, die das Programm abgeschlossen und es in realen Projekten, bei Beförderungen und in der Teamarbeit eingesetzt haben. Genau da setzt unser Podcast an.
Hören wir uns an, was sie tatsächlich gesagt haben.
Was echte Architekt:innen über die iSAQB-Zertifizierung sagen
Wir haben Fachleute aus verschiedensten Branchen – Automobil, Finanzen, KI, Enterprise-IT und mit unterschiedlichen Erfahrungsstufen gebeten, ihre ungefilterten Eindrücke vom iSAQB-Programm zu teilen. Ihre Antworten zeigen kein einheitliches Urteil, sondern ein Spektrum an Nutzen – je nach Karrierestufe, Erwartungen und Zielen.
„Ja, für mich hat es sich gelohnt, weil …“
Mehrere unserer Gäste führten ihre neu gewonnene Klarheit, berufliche Veränderungen oder schlicht die Fähigkeit, die „richtige“ Architektursprache zu sprechen, auf die Zertifizierung zurück.

Es war ein sehr wertvolles Jahr für mich, und ich bin froh, dass ich es gemacht habe. Ich würde es wieder tun. Wenn es ein nächstes Level gäbe, würde ich es auf jeden Fall angehen. Beim nächsten Mal, wenn ich eine Architektur entwerfen soll, weiß ich, worauf es am meisten ankommt … Ich habe wirklich wertvolles Feedback von den Personen bekommen, die meine Arbeit überprüft haben.

Es hat mir ermöglicht, von einer Entwicklerrolle mit Architekturverantwortung in eine Vollzeit-Architekturrolle zu wechseln. Ohne Zweifel hat es mir geholfen, besser mit Stakeholdern und Entwicklern zu kommunizieren.

In nur zwei bis drei Tagen erhält man ein solides Fundament … das man dann durch Praxiserfahrung vertiefen kann. Es war nicht allein das Zertifikat, aber es hat meine Beförderung und meine persönliche Weiterentwicklung unterstützt.
Über diese Erfahrungsberichte hinweg traten einige gemeinsame Themen hervor:
- Es half, bereits vorhandene, aber bisher unstrukturierte Fähigkeiten zu formalisieren und zu bestätigen.
- Es bot eine gemeinsame Sprache für die Zusammenarbeit mit Teams, Management und Stakeholdern.
- Es schuf Raum für Reflexion, Verbesserung und Wachstum.
„Es kommt darauf an, was man sucht …“
Andere Fachleute vertraten eine differenziertere Haltung: Sie lehnten die Zertifizierung nicht ab, betrachteten sie aber auch nicht als Wunderschlüssel.

Die Prüfungsaufgabe war sehr wertvoll … Aber die Kurse waren überteuert. Wenn es möglich wäre, würde ich sagen: Macht die Prüfung, aber lasst das Training weg. Leider funktioniert es so nicht.

Für jemanden mit Erfahrung in Embedded Systems wie mich gab es nicht genug Praxis. Das theoretische Wissen war nützlich, aber es könnte noch tiefer gehen.

Die Marke ist nur den Expert:innen bekannt … aber sie hilft dabei, technisches Debt anzugehen, Architekturschichten zu analysieren und Entscheidungen besser zu begründen.
Diese Rückmeldungen machen eine wichtige Erkenntnis deutlich:
Die iSAQB-Zertifizierung gibt dir das zurück, was du selbst von ihr erwartest.
Bist du noch am Anfang deiner Karriere oder im Übergang zur Architektur, kann die Struktur eine enorme Unterstützung sein. Wenn du bereits erfahren bist, dient sie eher als Maßstab oder Networking-Gelegenheit – aber nicht unbedingt als tiefgehendes neues Lernen
Welche Fähigkeiten gewinnt man tatsächlich durch die Zertifizierung?
Einer der häufigsten Einwände in Online-Debatten lautet:
„Das kann man alles im Job lernen.“
Unsere Gesprächspartner:innen hatten jedoch eine andere Sichtweise. Viele räumten zwar ein, dass Praxiserfahrung unersetzlich ist, verwiesen aber zugleich auf ganz bestimmte Fähigkeiten und Denkweisen, die sie durch iSAQB schärfen konnten – oft schneller und klarer, als es allein durch Projektarbeit möglich gewesen wäre.
Fähigkeiten, die man nicht nur im Job lernt

Es geht weniger um einzelne Fähigkeiten, sondern mehr um eine Denkweise … ein Werkzeugkasten von Methoden (wie arc42) und abrufbares Wissen, das es erleichtert, architektonische Herausforderungen zu lösen.

Vorher hatte keines meiner Projekte eine gut dokumentierte Architektur … Jetzt weiß ich, wie man ein echtes Architekturdokument strukturiert – mit Begründungen und Entscheidungshistorie. So etwas bekommt man normalerweise nicht zu tun, es sei denn, jemand vertraut einem bereits.

Als Architekt ist es meine Aufgabe, Verantwortung für das System zu übernehmen, wenn es sonst niemand tut. Die Zertifizierung hat mir geholfen, das zu verinnerlichen – von der Stakeholder-Kommunikation über Anforderungen bis hin zum Systembetrieb.
Bessere Kommunikation mit Stakeholdern und Entwickler:innen

Ohne Zweifel. Es hat mir geholfen, Entscheidungen klar zu erklären und selbstbewusst zu argumentieren – besonders im Gespräch mit dem Management.

Mir wurde bewusster, wie wichtig Kommunikation ist und wie leicht Missverständnisse entstehen. Der Kurs hat mir Strategien gegeben, um effektiver zu argumentieren.

Die Informationen allein machen dich nicht zu einer besseren Kommunikatorin. Aber wenn du in der Lage bist, diese Informationen in gültige und überzeugende Argumente zu verwandeln, hilft das auf jeden Fall im Umgang mit Stakeholdern und Entwickler:innen.
Auswirkungen auf reale Projekte

Einige der Designmuster und das architektonische Denken, die ich im Training kennengelernt habe, sind in Embedded Systems nicht üblich. Das hat mir neue Ideen gegeben, wie man Architektur skalieren und vereinfachen kann.

Das Zertifizierungsprojekt war wie ins kalte Wasser geworfen zu werden. Ich musste meine eigene Methode entwickeln, um alles von Grund auf zu dokumentieren – und als ich Feedback bekam, habe ich Dinge gesehen, die ich völlig übersehen hatte. Dieser Lerneffekt bleibt.

Nach der Zertifizierung fühlte ich mich sicherer. Nicht nur mit Theorie, sondern auch darin zu wissen, was in der Softwarearchitektur wirklich zählt.
Ist es für jede:n Softwarearchitekt:in notwendig?
Nicht jede:r braucht eine Zertifizierung, um eine gute Architekt:in zu sein – aber für manche macht sie einen echten Unterschied. Ob sie notwendig ist oder nicht, hängt oft davon ab, wo man sich in seiner Karriere befindet.
Ist sie nur nützlich, wenn man neu in der Architektur ist?

Jede:r Entwickler:in, der/die seinen Job ernst nimmt, sollte das Foundation Level machen.

Es ist ein großartiger Weg für Entwickler:innen zu zeigen, dass sie bereit sind, in eine Architekturrolle hineinzuwachsen.
Würdest du es erfahrenen Architekt:innen empfehlen?

Ich würde es jemandem mit sehr viel Erfahrung nicht empfehlen – die Kurse wirkten im Verhältnis zum Wert überteuert.

Für Seniors, die in immer denselben Projekten feststecken, kann es helfen, das architektonische Denken zu erweitern.
Wenn man gerade erst anfängt oder die Richtung wechselt, ist es eine lohnende Investition. Wenn man jedoch schon seit Jahren Architektur verantwortet, hängt es von den eigenen Lernzielen ab.
Zusammenfassung: Wann lohnt es sich und wann eher nicht?
Ob sich die iSAQB-Zertifizierung für dich lohnt, hängt von deinen Zielen, deinem Timing und deiner Erfahrung ab.
Es kann sich lohnen, wenn:
-
du den Wechsel von der Entwicklung zur Architektur anstrebst.
-
du noch keine systematische Methode hast, um Architektur zu kommunizieren und zu dokumentieren.
-
du Feedback von erfahrenen Trainer:innen zu realen Fallbeispielen erhalten möchtest.
-
du Glaubwürdigkeit suchst, wenn du dich auf Architekturpositionen bewirbst.
Es könnte sich weniger lohnen, wenn:
-
du bereits über umfassende und tiefgehende Architekturerfahrung verfügst.
-
du allein durch die Zertifizierung sofort eine Gehaltserhöhung erwartest.
-
du gerne alleine arbeitest und keine externe Begleitung benötigst.
Frag dich selbst:
Denkst du über einen Karrierewechsel nach?
Bevorzugst du eine systematische Methode, um deine Arbeit zu entwickeln?
Würde dir peer-reviewtes Feedback helfen, schneller zu wachsen?
Wenn ja, könnte iSAQB der richtige nächste Schritt für dich sein.
Die vollständige Geschichte hinter diesen Zitaten findest du in den kompletten Interviews. Diese sind sowohl als Podcast-Episoden verfügbar als auch in schriftlicher Form, mit den Fachleuten, die für diesen Beitrag interviewt wurden.
Stephan Schlatter
Senior Software Engineer & Software Architect
Helbling Technik AG
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Tobias Ammann
Business Lead Stream Technology Services & Senior Software Architect
Bedag Informatique SA
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